Aeterne rerum conditor

Aurelius Ambrosius (339/40 – 397)

Lateinisch:

Æterne rerum conditor,
Noctem diemque qui regis,
Et temporum das tempora,
Ut alleves fastidium.

Nocturna lux viantibus
A nocte noctem segregans,
Præco diei iam sonat,
Iubarque solis evocat.

Hoc excitatus Lucifer
Solvit polum caligine,
Hoc omnis erronum cohors
Viam nocendi deserit.

Hoc nauta vires colligit,
Pontique mitescunt freta;
Hoc, ipsa petra ecclesiæ,
Canente, culpam diluit.

Surgamus ergo strenue,
Gallus iacentes excitat,
Et somnolentos increpat,
Gallus negantes arguit.

Gallo canente spes redit,
Ægris salus refunditur,
Mucro latronis conditur,
Lapsis fides revertitur.

Iesu, labantes respice,
Et nos videndo corrige,
Si respicis, labes cadunt,
Fletuque culpa solvitur.

Tu lux refulge sensibus,
Mentisque somnum discute,
Te nostra vox primum sonet,
Et vota solvamus tibi.

Deo Patri sit gloria
Eiusque soli Filio,
Cum Spiritu Paraclito,
Nunc et per omne sæculum. Amen.

Deutsch:

Ewiger Schöpfer der Welt,
der du die Nacht wie den Tag beherrschest
und Zeit auf Zeit entstehen lässest,
um den Überdruß aufzuheben.

Ein nächtliches Licht den Wanderern, das einen
Teil der Nacht von dem andern scheidet, der Ver-
kündiger des Tages läßt schon seinen Ruf er-
schallen und lockt hervor die Strahlen der Sonne.

Durch ihn erwacht der Morgenstern und befreit
das Himmelsgewölbe von der Finsternis,
durch ihn verläßt die ganze Schar der bösen
Geister den Weg der Nachtstellung.

Durch ihn sammelt der Schiffer neue Kräfte
und glätten sich des Meeres Wogen:
auf seinen Ruf sühnt der Fels der Kirche
seine Schuld.

Erheben wir uns deshalb eilig,
der Hahn weckt die Daliegenden
und schilt die Schläfrigen,
der Hahn klagt die Nachlässigen an.

Mit dem Hahnenschrei kehrt die Hoffnung zurück,
Besserung wird den Kranken zuteil,
der Dolch des Räubers wird versteckt,
den Gefallenen kehrt der Glaube wieder.

O Jesu, gib Obacht auf die Strauchelnden
und bessere uns durch deinen Blick;
blickst du uns an, dann fallen die Sünden weg,
und durch Weinen wird die Schuld getilgt.

O Licht, scheine du in die Herzen und
verjage den Schlaf der Seele:
dich soll zuerst unsere Stimme preisen,
und was wir gelobt, wollen wir dir auch halten.

Ruhm sei Gott dem Vater
und seinem eizigen Sohne,
samt dem heiligen Geist, dem Tröster,
jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

Deutsch von Adalbert Schulte

fontes

Breviarium Romanum

Adalbert Schulte, Die Hymnen des Breviers, S. 29

Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 8

scholia / marginalia

Ad Galli cantum
Dominica in Septuagesima. Ad Laudes

Beim Hahnenschrei
Septuagesima. Zu den Laudes.

In der ursprünglichen Fassung lautet die zweite Strophe:

Praeco diei iam sonat,
Noctis profundae pervigil,
Nocturna lux viantibus,
A nocte noctem segregans.

In der ursprünglichen Fassung lauten Vers 3 und 4 der dritten Strophe:

Hoc omnis erronum chorus
Vias nocendi deserit.

Vers 3 der siebten Strophe:

Si respicis, lapsus cadunt

Ferner erweitert das Brevarium Romanum den Hymnus um eine formelhafte Schlussstrophe (Doxologie).

 

Diese Hymne muss schon früh sehr geschätzt worden sein, denn bereits in althochdeutscher Zeit wurde versucht, sie ins Deutsche zu übertragen. Jacob Grimm hat eine althochdeutsche Fassung, von der hier die ersten beiden Strophen als Kostproben folgen, erstmals veröffentlicht:

euuigo rachono felahanto
naht tak ioh ther rihtis
inti ziteo kepanti ziti
thaz erpurres urgauuida.

foraharo tages giu lutit
thera naht tiufin thurahuuachar
nahtih lioht uuegontem
fona nahti naht suntaronti.

 

Jacob Grimm. Ad auspicia professionis philosophiae ordinariae in Academia Georgia Augusta rite capienda invitat Jacobus Grimm. Inest hymnorum veteris ecclesiae XXVI. Interpretatio theotisca nunc primum edita. Gottingae MDCCCXXX

metrum

Versmaß: ambrosianisch (metrum ambrosianum), akatalektische iambische Dimeter, anstelle der Iamben können an erster und dritter Stelle auch Spondäen und Anapäste stehen (vgl. Aldalbert Schulte, Die Hymnen des Breviers, S. 9f.).

 

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