In festo S. Pii X Papae et Confessoris

Ioannes Georgius Bertram (Hansjürgen Bertram, * 1937)

Lateinisch:

Gaude, Riese, flos Veneti soli,
cunæ supremi Pontificis Pii
et nominis vi more et ipso
cum pietate Deum colendi.

Factus sacerdos pascit oves suas,
Pastoris ut quæ sint potius boni,
ut re probet se, quem sequatur,
pectore diligere atque amare.

Pauperque natus pauper in infula
pater benignus pauperibus fuit,
prudentiæque in re tenaci
dos placidæ geminata mentis.

Præsul modestam, qua parochus fuit,
frugalitatem servat amantius,
fidelium mentes regitque
salvificum ad celebremque cultum.

Non hæsitavit mittere parvulos
ad divum amicum absonditum in hostia,
cæleste sacramentum amoris
vult tenero sit eis ab ungui.

Pendere mores et populi fidem
a clericorum sospite spiritu
haud nesciens in disciplinam
tradidit innocuis alumnos.

Ecclesiæ lux Christus ut omnia
splendore sancto vivificet suo,
defensor acer dux gregisque
fulminat ore lupos rapaces.

Neci daturas Marte perhorrido
se nationes emoriens videt
et perdolens fuso cruore
flebilis in patriam remigrat.

Deo Patri sit gloria sæculum
per omne Nato Spirituique honos
in Trinitate uni Deoque
cælicolum per adauctum eundem!

Amen.

Deutsch:

Freu dich, Riese*, Blume Venetiens
du Heimatsort des Obersten Hirten, den
im Namen schon als auch im Wesen
gläubige Gottesfurcht ausgezeichnet.

Als Priester weidet er seine Schafe all,
da sie dem Guten Hirten ja eigen sind,
so daß er durch die Tat erweise,
daß er sein Vorbild von Herzen liebe.

Arm wie geboren blieb er als Bischof auch,
Der Armen Vater war er voll Gütigkeit,
Mit zäher Klugheit in der Sache
paarte sich trefflich ein Herz voll Milde.

Die Schlichtheit, die als Pfarrer ihm eigen war,
behielt er eifriger noch im Bischofsamt,
hin auf das Opfer allen Heiles
lenkt er der Gläubigen ganzes Trachten.

Die Kleinen hielt nicht länger er mehr zurück
vom in der Hostie sinnenentrückten Freund,
des Himmels Sakrament der Liebe
will er für sie schon im zarten Alter.

Des Volkes Glaube und seine Sittlichkeit
hängt von des Klerus lautrer Gesinnung ab.
Das wußte er genau, drum gab er
Zöglinge nur in die reinsten Hände.

Das Licht der Kirche, Christus, so wolllte er,
soll alles neu beleben mit seinem Glanz,
Als Kämpfer drum und wahrer Hirte
schleudert er Blitze auf grimme Wölfe.

Im Sterben sieht er, wie sich die Völker rings
wie wild zerfleischen in einem Schreckenskrieg.
Im Schmerz ob so viel Blutvergießens
kehrt unter Tränen er heim zum Vater.

Ehr Gott dem Vater, Ehre in Ewigkeit
sei Gott dem Sohne, Ehre dem Heil'gen Geist,
dem Einen Gott in drei Personen
durch diesen Heil'gen, der neu hinzukam!

Amen.

Deutsch von Hans Jürgen Bertram

* Riese (Provinz Treviso), heute Riese Pio X, Geburtsort von Papst Pius X

fontes

Ioannes Georgius Bertram (Hansjürgen Bertram), Hymnarium Suppletivum. Hymni sacri qui in Breviario Romano desunt. 2009, S. 44

Das "Hymnarium Suppletivum" ist beim Verfasser erhältlich (Preis Euro 8,00 plus Versandkosten): Hansjürgen Bertram, Leyler Weg 21, 56656 Brohl-Lützing

Weitere Hymnen mit deutschen Übersetzungen auch in:
Una voce-Korrespondenz 41 (2011), Heft 2, S. 197 - 204, Teil 1
Una voce-Korrespondenz 41 (2011), Heft 3, S. 275 - 286, Teil 2

Eine neue Sammlung der lateinischen Hymnen mit deutscher Übersetzung von Hansjürgen Bertram ist im Druck: Hymnarium. Hymni sacri recentiores. ca. 188 S., ca. Euro 30,00. - Bestellungen können ab sofort beim Verfasser erfolgen (s.o.

scholia / marginalia

Gedenktag des Heiligen ist der 3. September.

Pius X., Giuseppe Sarto (* 2. Juni 1835 - † 20. August 1914). Giuseppe Sarto wurde 1858 zum Priester geweiht. Seine Laufbahn begann er als Seelsorger auf dem Lande; er war zuerst Kaplan in Tombolo, dann ab 1867 Pfarrer in Salzano, acht Jahre später wurde er Domherr in Treviso, 1884 Bischof von Mantua und schliesslich wurde er 1893 zum Kardinal und bald darauf zum Patriarchen von Venedig ernannt. Nach dem Tode vom Papst Leo XIII. wurde er am 4. August 1903 im Konklave zum Papst gewählt. Sein Wahlspruch war: Instaurare omnia in Christo.

Wenn man die spätere Liebedienerei bei Empfängen und Audienzen des Vatikans betrachtet, verdient die Episode Erwähnung, dass Pius X. sich weigerte, den amerikanischen Präsidenten Roosevelt zu empfangen, weil die USA das unter Zerstörung des Kirchenstaates errichtete Königreich Italien anerkannt hatten. Pius X. hat zahlreiche bedeutende Enzykliken verfasst "Iucunda sane" (über Papst Gregor den Großen), "Communium rerum" (über den heiligen Anselm von Canterbury), "Editae saepe" (über den heiligen Karl Borromäus), "Lacrimabili statu" (über die Indianer in Südamerika).

1907 erschien seine kirchengeschichtlich und lehramtlich wohl bedeutendste Enzyklika "Pascendi Dominici gregis", worin der die Irrtuümer des Modernismus aufdeckte und verurteilte . Drei Jahre nach der Veröffentlichung dieser Enzyklika führte er den Antimodernisteneid ein, der 1967 abgeschafft wurde.

Die Abschaffung des sogenannten Antimodernismuseides unter Papst Paul VI. erfolgte genau aus dem "Geist" heraus, den Pius X. so entschieden bekämpft hatte, voreilig und ahnungslos, und sie dürfte sich in naher Zukunft als eine der verheerendsten Entscheidungen der neueren Kirchengeschichte erweisen, die verhängnisvollen Folgen lassen sich schon heute erkennen.

Zum hundertsten Geburtstag dieses Papstes ist vor kurzem ist eine bedeutende Würdigung von Weihbischof Athanasius Schneider erschienen (Athanasius Schneider, Der heilige Pius X., der Große. Ein herausragender Förderer des katholischen und apostolischen Glaubens [catholicae et apostolicae fidei cultor egregius]. Una Voce Korrespondenz 44 [2014], Heft 3, S. 329 - 339). Darin zitiert er ausführlich einen kaum mehr bekannten Hirtenbrief von Bischof Giuseppe Sarto aus dem Jahre 1887. Er liest sich wie eine Vorstudie zur großen Enzyklika "Pascendi Dominici gregis" und ist auch heute noch von bestürzender Aktualität, ein Zeugnis wahrhaft prophetischer Weitsicht:

"Viele Christen, die nur eine oberflächliche Kenntnis des Glaubenswissens haben und ihn wenig praktizieren, beanspruchen Lehrer zu sein, indem sie erklären, dass die Kirche sich nun endlich den Forderungen der Zeit anpassen soll, weil es in der Tat nicht möglich wäre, die ursprüngliche Vollständigkeit ihrer Gesetze aufrecht zu erhalten; dass die weisesten und praktischsten Menschen von nun an die barmherzigsten sein werden, d. h., dass sie fähig sein werden, etwas vom alten Schatz zu opfern, um den Rest zu retten. In solch einem modernen Christentum, in welchem die Torheit des Kreuzes vergessen sein wird, sollen sich die Dogmen des Glaubens bescheidenerweise den Anforderungen der neuen Philosophie anpassen.

Das öffentliche Recht des christlichen Zeitalters soll sich zaghaft den großen Grundsätzen der modernen Zeit stellen. Auch wenn es seinen Ursprung und seine Vergangenheit nicht verleugnet, so soll es wenigstens die Rechtmäßigkeit seiner Niederlage im Angesicht seines Siegers bekennen. Die zu strenge Sittennorm des Evangeliums soll den Freuden und den Anpassungen nachgeben und die Disziplin soll schließlich alle ihre die Natur belästigenden Vorschriften zurücknehmen, um selber beim glücklichen Fortschritt des Gesetzes der Freiheit und der Liebe mitzuwirken.

Solche Grundsätze werden nun nicht mehr von den offenen und erklärten Feinden der Kirche verbreitet, sondern von jenen, die sich selber Kinder der Kirche nennen; und nachdem diese die Gesetze der Kirche bekämpft und verhöhnt haben, würden sie sich beleidigt fühlen, wenn sie die Kirche als Deserteure ihrer Kampfreihen und Söhne ihres Schmerzes bezeichnen würden. (...) Es ist ein Mangel des Glaubens und der Achtung vor der Kirche, sie mit unseren kurzsichtigen Urteilen unterstützen zu wollen. Halten wir fest an dieser Wahrheit, dass die Kirche göttlich ist und wir werden sehen, dass diese Art zu urteilen und zu handeln nicht nur niederträchtig und treulos, sondern dreist und sündhaft ist. (...)

Ich hoffe, dass diese tödlichen Keime nicht unter euch sind. Da aber der Irrtum einer Pflanze gleicht, die mit der Wurzel ausgerissen werden muss und der Bischof vom Himmel die Pflicht erhielt nicht nur zu ermahnen, zu bestürmen, zurechtzuweisen, sondern auch vorzuwarnen, wiederholt er Euch von Neuem: Habt acht und entfernt Euch von jenen, die auf irgendeine Weise sich die Sendung anmaßen zu raten und zu beschließen, welche Zugeständnisse die Kirche den angeblichen Bedürfnissen der neuen Zeit machen soll.“ (a.a.O. S. 332f.)

Dem ist wenig hinzuzufügen und davon ist erst recht nichts wegzunehmen. Wer es versuchen sollte, hätte es schwer, glaubhaft zu machen, daß er noch ein treuer Sohn der Kirche ist.

Papst Pius X. ist nicht nur ein bedeutender Reformpapst, sondern einer der größten und weitsichtigsten Päpste der Neuzeit.

metrum

Versmaß: metrum Alcaicum (alkäische Strophe)

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