De sancto Francisco

Rainerius Capoccius de Viterbio, Cardinalis diaconus (* 1180/1290 - † 1250)

Lateinisch:

Plaude, turba paupercula,
Patre ditata paupere,
Laudis propina pocula
Sacro depressa ubere.

Hic simplex, rectus, humilis,
Pacis cultor amabilis,
Lumen in vase fictili
Ardens, lucens in fragili.

Vili contentus tegmine,
Sancto calescens flamine
Vicit algorem, caumata,
Christi dum gestat stigmata.

Carnem mundumque conterens,
Hostes malignos proterens
Auream victor meruit
Aureolam, dum docuit.

Pauper, nudus egreditur,
Cælum dives ingreditur,
Spargit virtutum munera,
Ægris profligat vulnera.

Verorum pater pauperum,
Nos pauperes fac spiritu,
Consortes redde superum
Ereptos ab interitu.

Patri, nato, paraclito
Decus honor et gloria;
Sancti sint huius merito
Nobis æterna gaudia.

Deutsch:

Freue dich, ärmliche Schar,
bereichert durch den armen Vater,
trinke den Becher voller Lob,
ausgepresst aus heiliger Quelle.

Dieser einfache, ruhige, demütige,
liebenswürdige Verehrer des Friedens,
glühendes Licht in der tönernen Vase,
leuchtend im Vergänglichen.

Er war zufrieden mit einfachem Dach;
sich wärmend in heiligem Hauch,
besiegt er Frost und Hitze, während
er die Wundmale Christi trägt.

Fleisch und Welt hielt er für wertlos,
er vertrieb missgünstige Feinde,
als Sieger trug er einen goldenen
Strahlenkranz, während er lehrte.

Arm und nackt geht er von dannen,
reich tritt er in den Himmel ein,
versprengt die Gaben der Tugend,
heilt die Wunden des Kranken.

Vater der wahrhaft Armen,
mach uns zu Armen im Geiste, gib uns,
die wir dem Untergang entrissen wurden,
als Gefährten Gott zurück.

Dem Vater, dem Eingeborenen,
Dem heiligen Geist Preis, Ehre und Ruhm;
mögen uns durch das Verdienst dieses
Heiligen ewige Freude beschieden sein.

Deutsch von René Strasser

fontes

Analecta hymnica medii aevi LII. Thesauri hymnologici Hymnarium. Die Hymnen des Theasaurus Hymnologicus H.A. Daniels und anderer Hymnen-Ausgaben. II. Die Hymnen des 12. – 16. Jahrhunderts aus den ältesten Quellen neu herausgegeben von Clemens Blume. Leipzig 1909, S. 181

scholia / marginalia

Ad Laudes
Zu den Laudes

Festtag des Heiligen ist der 4. Oktober.

Der Verfasser dieses Hymnus ist Rainerius Capoccius de Viterbio, Cardinalis diaconus oder Rainer von Viterbo (* 1180/1290 - † 1250). Er gehörte dem Ordo der Kardinaldiakone an. Unter Papst Innozenz III. wurde er zum Notar ernannt. Während der Albigenserkriege war er als päpstlicher Legat in Okzitanien tätig. Als im Jahr 1234 die Bevölkerung von Rom revoltierte, war er Feldkommandant päpstlicher Truppen. Im Konflikt zwischen Kaiser und Papst war er Gegner Kaiser Friedrichs II., den er mit Propagandaschriften bekämpfte, und 1248 rief er zur Vernichtung der Staufer auf.

Franziskus wurde 1182 als Sohn eines reichen Tuchhändlers in Assisi in Umbrien geboren. Er verzichtete auf sein Erbe und führte ein Leben in Armut im Dienste der Nächsten. Sehr bald fand er Männer, die dieses Leben mit ihm teilen wollten, und er gründete den Orden der minderen Brüder (1209/10); wenig später gründete er einen Orden für Frauen (1212), der nach dem Tod der heiligen Klara nach dieser ‚Orden der Klarissen’ genannt wurde. Die Anfänge des „Dritten Ordens“ für Laien (Terziaren), der nicht von Franziskus selbst gegründet wurde, liegen im 13. Jahrhundert; er heißt seit 2012 „Ordo Franciscanus Saecularis OFS“.

Diese Gründungen trugen wesentlich zur geistlichen Erneuerung der Kirche bei.

Franziskus empfand eine tiefe Achtung vor der Schöpfung und der Kreatur. Davon zeugen der von ihm verfasste „Sonnengesang“ und die in der Legende überlieferte Vogelpredigt.

Franziskus verstarb im Jahre 1226 und wurde schon zwei Jahre später, am 16. Juli 1228, durch Papst Gregor IX. heiliggesprochen.

Der heilige Franziskus oder Episoden aus seinem Leben sind in der bildenden Kunst häufig dargestellt worden: Cimabue, Lucas Cranach d.Ä., Tizian, El Greco, Francisco de Zurbarán, Peter Paul Rubens.

In der Musik sind Schriften des Heiligen von Franz Liszt (Franziskus-Legenden), Hermann Suter (Oratorium Le Laudi), Francis Poulenc (Quatre petites prières de Saint François d’Assise) und Carl Orff (Sonnengesang des heiligen Franziskus) vertont worden, und in den Opern von Gian Francesco Malpiero (San Francesco d'Assisi, 1920/1921), und Olivier Messiaen (Saint François d’Assise. Scènes franciscaine, 1983) ist seine Gestalt selbst dargestellt worden.

metrum

Versmaß: ambrosianisch (metrum ambrosianum), aktalektische iambische Dimeter, anstelle der Iamben können an erster und dritter Stelle auch Spondäen und Anapäste stehen (vgl. Adalbert Schulte, Die Hymnen des Breviers, S. 9f.).

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