De Iuliano Hospitatore

Ioannes Georgius Bertram

Lateinisch:

Venator audax, ecce quod edidit
ex ore cervi Pythia Delphica,
sortem tuam mox restituram
Oedipodis tenebrosa gesta.

»O Iuliane, quem male paenitet
tibi attributi, vae, sceleris sacri!
Necas parentes, quos uxorem
esse putas vagum adulterumque.«

»Peccasse te dum conscius es tibi,
relinquis arcem coniuge cum pia
sequi volente destitutum
et pariter redamare amantem.«

Tranant dolata navicula lacum
vehunt petentes Christophori modo,
casam hospitalem exstruxit aegris
pauperibusque animosus heros.

Dum nocte quadam semper erat memor
erroris atri caedis inhospitae,
ex angulo vox fit lacunae
»subrige, transvehe me misellum«.

Is corde motus navat et hospitat,
rigore fractum lecticulo fovet,
qui luce prima ceu leprosus,
sed radians tumulo resurgit.

Et voce magna nuntiat inscio:
»Sis salvus, omnis culpa remittitur,
si lege Christi commigratis,
Elysium tibi erit tuaeque.«

Oramus Te, Sanctissima Trinitas,
quae paenitentes nos quoque diligis,
hac semita aspra nos ab omni
noxa animae tege corporisque!
Amen

 

Deutsch:

Verwegner Weidmann, schau, was die Pythia
von Delphi dir aus Hirsches Mund kundgetan,
dein Schicksal werde bald erneun des
Ödipus finstere Ruhmestaten.

»O Julianus schwer quält die Reue dich.
Man zeiht dich einer schrecklichen Freveltat:
Die Eltern tötest du, die fälschlich
du für die Gattin samt Buhlen hieltest.«

»Der schlimmen Untat bist du dir stets bewusst,
verlässt mit deiner gläubigen Frau die Burg.
Dem einsamen Verlassnen folgt sie,
ihm, der sie liebte, mit gleicher Liebe.«

Ein Schifflein baun sie, fahren durch einen See,
und jeder, der drum bittet, dem helfen sie,
wie einst Christophorus tat, hinüber,
baun Hospitäler für kranke Arme.

Da manche Nacht er seines Vergehns gedenkt,
des Blutbads, das er verursacht unbewusst,
schallt fern vom See her eine Stimme:
»Steh auf und setz mich Elenden über.«

Barmherzig, dienstbeflissen, lässt er ihn ein.
Dem Halberfrornen gibt er ein warmes Bett.
Im Morgengraun, wie ein Lepröser,
Steigt strahlend hell er dann auf vom Lager.

Laut ruft dem Ahnungslosen er dieses zu:
»Sei heil! Erlassen wurde dir jede Schuld.
Wenn nun auf rechtem Weg ihr wandelt,
wird sich für beide der Himmel öffnen.«

Wir flehn Dich an, hochheilge Dreifaltigkeit,
die Du auch uns liebst, wenn wir die Schuld bereun.
Auf diesem Dornenpfad verschon uns
vor allem Schaden an Leib und Seele.
Amen

(Deutsch von Hansjürgen Bertram)

fontes

Diese Hymne wie auch deren Übertragung, die der Verfasser selbst vorgenommen hat, werden hier zum ersten Mal veröffentlicht.

Jacobus de Voragine, Die Legenda aurea. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz. Gerlingen, Lambert Schneider im Bleicher Verlag, 1997, 12. Auflage

Der Heiligen Leben und Leiden anders genannt des Passional. Erster Band: Winterteil. Herausgegeben von Severin Rüttgers. Leipzig: Insel-Verlag, 1913, S. 336ff.

scholia / marginalia

Festtag des Heiligen ist der 29. Januar.

Julian mit dem Beinamen Hospitator oder Hospitalarius soll im 7. Jahrhundert gelebt haben. Er gilt als Schutzpatron der Fährmänner (Fergen), Pilger und Reisenden.

Seine historische Existenz ist nicht gesichert; auch für ihn gilt, was Ernst Jünger nach der Entfernung von Christophorus aus dem römischen Kalender (Calendarium Romanum Generale), den Vorgang kritisch kommentierend, in seinem Tagebuch festhält:

Das schon deutlich verwitterte Sandstein-Relief zeigt Julian und seine Frau, die Christus in Gestalt eines Pilgers über den Strom setzen."Wir unterhielten uns nach der Rückkehr über das Thema und im Anschluß daran über die Streichung vieler Heiliger als eine der Auswirkungen des Konzils. Es sollen auch weithin bekannt und hochverehrte darunter sein. Warum? Weil sie geschichtlich nicht nachweisbar sind. Hat das mit ihrem Charisma zu tun? Man möchte meinen, daß es, je mehr sie der Zeit entrückt sind, desto stärker wird. Die Kapitulation der Kirche vor der Profangeschichte ist noch blamabler als jene vor den Naturwissenschaften, die man auf sich beruhen lassen kann. Hier aber wird die Wahrheit von bloßen Fakten abhängig.

Wenn ein Geist, ein Mensch, ein Tier uns über den Fluß der Zeit trägt, von einem Ufer zum anderen, so ist Großes gelungen, ohne daß es eines historischen Beleges bedarf. Und wenn sich die Erinnerung an diese größte der Taten an einen Namen knüpft wie den des Christophorus, so ist es sogar besser, daß die Person sich im Nebel der Zeit verliert.

Es geht hier um den Mythos und seine dem bloßen Geschehen übergeordnete, die Fakten bestimmende, ja sie schaffende Kraft." (22. April 1968)
Ernst Jünger, Sämtliche Werke. Erste Abteilung. Tagebücher. Band 4, Tagebücher IV, Strahlungen III. Stuttgart 1982, S. 445f.

(Der Heilige wurde 1969 nach Beschluss des Konzils mit der Veröffentlichung eines Motuproprio von Papst Paul VI. aus dem römischen Kalender (Calendarium Romanum Generale) gestrichen; der neue Kalender gilt seit dem 1. Januar 1970.)*

Das Wissen von Julian beruht im Wesentlichen auf legendarischer Überlieferung. Die wohl verbreitetsten Fassungen der Legende von Julianus Hospitator finden sich in der Legenda aurea des Jacobus de Voragine und im Passional; die Fassung aus letzterem folgt hier:

Das schon deutlich verwitterte Sandstein-Relief zeigt Julian und seine Frau, die Christus in Gestalt eines Pilgers über den Strom setzen.Von Sankt Julianus

Julianus war ein Christ und dienet Gott mit Fleiß. Und zu einer Zeit kam er auf das Feld und jaget einen Hirsch nach seiner Gewohnheit, und war die Weil niemand bei ihm, weder Hund noch Knecht. Da geschah ihm groß Wunder: der Hirsch ging ein Stück führ ihm und kehret seine Hörner gegen ihm und sprach mit menschlicher Stimme: "Julianus, warum jagest du mich? Du wirst deinen Vater und Mutter zu Tod schlagen." Da erschrak er gar sehr von dem Wunder, und schied gar trauriglich von ihm und gedacht: Ich will meinen Vater und Mutter fliehen und will in ein fremdes Land fahren, dar niemand weiß wer ich bin. Und ritt heimlich in ein fremdes Land, und kam zu einem Herrn, dem dienet er gar treulich als ein Knecht. Und war stark und weis, und war in Streiten gar ein mannlicher Held. Da gewann ihn der Herr gar lieb, und machet ihn zu einem Ritter und gab ihm eine ehrbare Fraue und eine Burg darzu. Da waren sie gar froh, und dieneten Gott mit großem Fleiß.

Sankt Julianus Vater und Mutter waren sehr betrübt um ihren Sohn, und sendeten Boten überall aus in die Lande, daß sie ihn suchten. Und über etliche Jahr, da machten sich Vater und Mutter selb auf und suchten ihn überall in dem Land. Und kamen auf eine Burg, da er auf war, da war er nicht darheimen. Da kamen sie zu seiner Frauen, die empfing sie gar schön, und wußt sie doch nicht, wer sie waren. Da redeten sie darvon, daß sie ihren Sohn Julianus hätten verloren, und wie viel Jahr das wären. Da das die Fraue höret, da verstund sie wohl, daß ihr Herr ihr Sohn war. Da ward sie gar froh, und leget sie des Nachts an ihr eigen Bette. Und des Morgens ging die Fraue gen Kirchen nach ihrer Gewohnheit. Die Weil ritt der Herr ein und kam in seine Kammer, da sah er die zwei an seinem Bett liegen. Da erschrak er gar sehr, und sprach: O Herre, der großen Unehr, die mir wider fahren ist, daß meine Fraue bei einem andern liegt! Das wird ihr nicht vergeben." Und schlug mit seinem Schwerte seinen Vater und Mutter zu Tode. Da wöllt er wähnen, es wär sein Weib und ein fremder Mann, und ging da wieder aus der Kammer.

Nun saget man der Frauen in der Kirchen, ihr Herr wär kommen. Da ward sie froh, und ging bald heim zu ihrem Mann. Und da sie Julianus ersah, da wundert ihn sehr, daß sein Fraue noch lebet. Und sprach. "Liebe Fraue mein, wer sind die zwei, die an deinem Bett liegen?" Da sprach die Frau: "Das sind dein Vater und Mutter." Da erschrak er also sehr, daß er nicht reden kunnt, und weinet und sprach: "O weh meines Herzens Leides, wie große Sünd hab ich getan, daß ich geflohen bin! Was hab ich nun getan?" Und sah auf gen Himmel und sprach. "Wie wahr hat der Hirsch gesaget! Nun bin ich in große Sünd gefallen. Und will nimmer geruhen, bis ich inne wird, daß mir Gott meine Sünd habe vergeben." Und sprach zu seiner Frauen: "Liebe Schwester, gib mir Urlaub! Und Gott der Allmächtige soll dein pflegen. Wann ich will von hinnen fahren und will meine Sünd büßen." Da war seiner Frauen gar leid um ihn, und sprach: "Gehab dich wohl, wann es muß sein. Ich will mich nimmer von dir scheiden, die Weil ich leb. Und wo du hin willst, da will ich mit dir, und um keine Sach will ich dich lassen. Weil ich Freud und Ehr mit dir gehabt habe und gut Gemach, so will ich auch mit dir leiden.

Und noch einmal das gleiche Thema: Julian und seine Frau als Fährleute mit dem unerkannten Christus im Boot.Von Sankt JulianusDa ward er froh, daß seine Frau also getreulich redet, und bracht all sein Gut zu Pfennigen, so bald er mochte. Und fuhr fern aus dem Lande, und hätt große Reu um seine Sünd. Nun kam er und seine Fraue zu einem Wasser, darüber war seine sorgsame Überfahrt. Daran legten sie all ihr Gut und machten ein Spital dar. Und seine Fraue blieb bei ihm, und blieben keusch und rein. Und er half allweg mit einem Schiff den Menschen über das Wasser. Und dieneten Gott Tag und Nacht mit großem Fleiß.

Und darnach, über lang, da schlief Julianus eines Nachts, wann er hätt den Tag allen gearbeitet und war gar müd, und es war gar kalt und groß Ungewitter regnet. Da höret er eine Stimm zur Mitternacht jenhalben des Wassers, die schrie so jämmerlich und sprach: "Stand auf, und führ mich hinüber!" Da stund er bald auf, und sah, daß es ein nackendes Mensch war, und war gar nahe erfroren. Da führet er es über das Wasser und trug es in sein Haus und machet ein Feuer und satzt das arme nackende Mensch zu dem Feuer. Da sah Julianus, daß sich der Mensch verkehret, als ob er sterben wölle, und sah aus wie ein Aussätziger. Das war ihm gar leid, und trug ihm an sein Bett. Da ward ihm sein Angesicht gar licht, das nahm ihn wunder. Darnach fuhr der Sieche fröhlich auf und sprach: "Nun sei fröhlich, Julianus! Ich bin ein Engel, und hat mich Gott der Herr zu dir gesandt, daß ich dir sage, daß du deine Sünd gebüßet hast." Darmit verschwand der Engel.

Da ward Julianus und seine Fraue froh, und danketen Gott seiner Gnaden. Und starben darnach bald, und fuhren ihre Seelen zu den Ewigen Freuden.

Nun bitten wir Unsern Herrn Jesum Christum durch seiner lieben Heiligen willen, daß er uns erlös von allen unseren Feinden und von allen Ängsten des Leibes und der Seel, und gebe uns die Ewige Säligkeit. Amen.

Der Heiligen Leben und Leiden anders genannt des Passional. Erster Band: Winterteil. Herausgegeben von Severin Rüttgers. Leipzig: Insel-Verlag, 1913, S. 336ff.

*

Und hier das zweite Thema der Julian-Darstellungen: Der vor Eifersucht blinde Julian tötet seine ElternIn der Legende finden sich Motive aus der griechischen Sage von Ödipus (Vatermord) sowie aus den Legenden von Hubertus (Begegnung mit einem Hirsch, der ein Kreuz im Geweih trägt), Eustachius (Begegnung mit einem sprechenden Hirsch) und Christophorus (trägt Reisende über den Fluss).

Häufig wurden zudem im Laufe der verschiedenen Überlieferungen die Viten verschiedener Heiliger mit dem Namen Julian vermengt (Julian und Basilissa).

Die literarische Gestaltung des Lebens des Heiligen Julianus Hospitator erfolgte jedoch nicht im späten Mittelalter in Hymnen oder Sequenzen, sondern erst durch Gustave Flaubert (1821 - 1880) in der "Legende von Sankt Julian dem Gastfreien" (La Légende de Saint Julien l'Hospitalier).

Die "Legende von Sankt Julian dem Gastfreien" zählt zu den vollendetsten Werken Flauberts, der "als einer der besten Stilisten der französischen Literatur" gilt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Gustave_Flaubert)

Gustave Flaubert hat in seiner Erzählung gegenüber der Legenda aurea bemerkenswerte Veränderungen vorgenommen. – Bei Flaubert untersagt Julian nach der Ermordung der Eltern seiner Frau, weiter mit ihm zu sprechen, gibt ihr strikte Anweisungen, die sie bei Strafe der Verdammung einzuhalten hat, und macht sich nach der Bestattung seiner Eltern allein auf, um Busse zu tun. Seine Gattin verschwindet aus der Erzählung und wird in deren weiteren Verlauf nicht mehr erwähnt.

Der Romanist Adolf Tobler (1835 - 1910) kommentiert dies folgendermaßen: "... dies ist die Stelle, wo er am ehesten, wenn nicht allein, mit Glück geneuert hat." (Adolf Tobler, Zur Legende vom heiligen Julianus II. Archiv für das Studium der neuern Sprachen und Litteraturen 52, Jg.101. Band [1898], S. 110)

Dies mag dem Dichter erforderlich geschienen haben, um den Haushalt der Emotionen zu steuern, von der ungezügelten Mordlust des Jägers bis zur Ermordung von Vater und Mutter, und um schließlich den einsamen Weg in die Entsagung, in ein rigoroses und kompromissloses Büßerleben zu unterstreichen.

Der vor Eifersucht blinde Julian tötet seine ElternIn der legendarischen Überlieferung dagegen begleitet die Gattin Julian in das Leben der Buße. Legenda aurea wie Passional berichten dies übereinstimmend.

"Iam vale soror dulcissima, quia de caetero non quiescam, donec sciam, quot Deus poeniteniam meam acceperit. Cui illa: absit dulcissime frater, ut te deseram et sine me abeas, sed quae fui tecum particeps gaudii, ero particeps et doloris." (zit. nach Benjamin F. Bart & Robert Francis Cook, The Legendary Sources of Flaubert's Saint Julien. University of Toronto Press, Toronto and Buffalo 1977, S. 102)

"'Aber nun leb wohl, liebste Schwester; denn ich soll hinfort nimmer ruhen, bis ich weiß, daß ich diese Sünde gegen Gott gebüßt habe.' Da sprach sie 'das soll nimmer geschehen, liebster Bruder mein, daß ich dich ziehen lasse ohne mich; denn ich bin bei dir gewesen in deinem Glück, so will ich auch mit dir leiden.'"
(Jacobus de Voragine, Die Legenda aurea. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz. Gerlingen, Lambert Schneider im Bleicher Verlag, 1997, 12. Auflage, S. 166)

Eine mündliche spanische Quelle geht, etwas ausführlicher, in die gleiche Richtung:

"Puis il conta sa fatale méprise … 'Adieu, répéta-t-il à sa femme, je vais te quitter, je veux quitter le monde; il n'y a plus pour moi que douleur et remords.' Mais elle répondit: 'Je ne te quitterai pas: j'ai partagé tes joies et ton amour; je veux partager tes jours de souffrance et de deuil.'
– 'Non, non, disait-il, je dois faire penitence et prier.'
Mais elle répondit: 'Je ferai pénitence comme toi, je prierai comme tois. … pour toi. … avec toi. …'" (Joseph La Vallée, La Chasse à tir. Paris: Hachette, 1873, 5ème edition, p. 254 - 257, zit. nach Benjamin F. Bart & Robert Francis Cook, The Legendary Sources of Flaubert's Saint Julien. University of Toronto Press, Toronto and Buffalo 1977, S. 176)

Mit dem Verzicht auf diese Episode geht nicht nur ein wesentlicher legendarischer Akzent erbaulicher Art verloren, sondern damit auch die sich daraus ergebenden, in den Glasfenstern dargestellten Episoden wie der Bau des Hospizes.

Das aufopfernde, liebevolle Verhalten erinnert an das alttestamentarische "Wo du hingehst, da will auch ich hingehen ..." (Ruth 1, 16) oder an das Treueversprechen bei der Eheschließung: "Ich verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet."

Am ausführlichsten werden die Episoden seines Lebens in den Bildfolgen der beiden dem Heiligen gewidmeten Glasfenster in den Kathedralen von Rouen und Chartres dargestellt, und, zeitlich etwas später, in verschiedenen Stundenbüchern.

Hier setzt Julian den Pilger nicht mit dem Boot über, sondern trägt ihn auf dem Rücken.Julians Frau bleibt in vielen bildlichen Darstellungen im Verlauf des ganzen Lebens von Julian gegenwärtig. Etwa in der Darstellung, wo Julian und seine Frau den Aussätzigen (Christus) über den Fluss setzen oder wo sie beobachtet, wie Julian, einen Reisenden durch den Fluss trägt (Agnolo Gaddi), ebenso in den Glasfenstern von Chartres und Rouen, die zeigen, wie sie zusammen eine Herberge errichten und auch zusammen sterben.

In der bildenden Kunst ist Julian Hospitator immer wieder dargestellt worden, etwa von

  • Masolino da Panicale (1383 - 1447), St. Julian tötet seine Eltern - Versuchung durch den Teufel (Teil einer Predella). Musée Ingres Bourdelle, Montauban;
  • Massaccio (1401 - 1428), Szenen aus dem Leben der Heiligen Julian und Nikolaus. Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin;
  • Stefano d’Antonio di Vanni (ca. 1407 - 1483), Saint Julian the Hospitaller kills his father and mother and confesses to his wife;
  • Antonio della Corna (ca. 1450/55 - ca. 1500), Der Heilige Julian glaubt, seine Frau und ihren Liebhaber zu überraschen, und tötet irrtümlich seine Eltern (Dieses Werk wurde im Januar 2010 auf einer Auktion bei Sotheby's in New York angeboten, Abbildung hier.)
  • Domenico Ghirlandaio (1449 - 1494), Madonna con Bambino in trono con San Sebastiano e San Giuliano [Fresko], Sant'Andrea, San Donnino (vermutlich handelt es sich nicht um St. Julianus Hospitator);
  • Cristofano Allori (1577 - 1621), Der heilige Julian bietet Pilgern Unterkunft - The Hospitality of St. Julian, Palazzo Pitti, Florenz.

Es fällt auf, dass die Episode mit der Ermordung der Eltern ausschließlich von italienischen Künstlern gestaltet worden zu sein scheint.

Der Heilige Julianus Hospitator der Legende wie auch die Gestaltung desselben durch Gustave Flaubert leben und wirken weiter.

Der Schriftsteller W.G. Sebald berichtet in "Campo Santo" von seiner Julian-Lektüre.

"All das ist mir wieder durch den Kopf gegangen, als ich eines Nachmittags in meinem Hotelzimmer in Piana am Fenster saß und in einem alten Band der Bibliothèque de la Pléiade, den ich in der Schublade des Nachttischs gefunden hatte, Flauberts mir bis dahin unbekannte Legende von St. Julian zu lesen begann, jene sonderbare Erzählung, in der eine unstillbare Jagdleidenschaft und die Berufung zum Heiligen an ein und demselben Herzen reißen. Fasziniert und verstört zugleich bin ich von den mir an sich widerstrebenden Lektüre gewesen. (...)
Nicht ein einziges Mal während des Lesens hatte ich meinen Blick heben können von der mit jeder Zeile tiefer in das Grauen eindringenden, von Grund auf perversen Erzählung über die Verruchtheit der Menschengewalt. Erst der Gnadenakt der Transfiguration auf der letzten Seite ließ mich wieder aufschauen."
W.G. Sebald, Campo Santo, Die Alpen im Meer. München, 2003, S. 46ff.

Schließlich wurde der Stoff der Legende von Julianus Hospitator von Camille Erlanger (1863 - 1919) als "Saint Julien l'Hospitalier" 1894 vertont. Libretto von Marcel Luguet (1865 - 1934), nach der Erzählung "La Légende de Saint Julien l'hospitalier" von Gustave Flaubert.

Auswahlbibliographie

  • Adolf Tobler, Zur Legende vom heiligen Julianus I. Archiv für das Studium der neuern Sprachen und Litteraturen 52. Jg. 100. Band (1898), S. 293 - 310
  • Adolf Tobler, Zur Legende vom heiligen Julianus II. Archiv für das Studium der neuern Sprachen und Litteraturen 52 Jg.101. Band (1898), S. 99 - 110
  • Adolf Tobler, Zur Legende vom heiligen Julianus III. Archiv für das Studium der neuern Sprachen und Litteraturen 52. Jg. 101. Band (1898), S. 339 - 364
  • Adolf Tobler, Zur Legende vom heiligen Julianus IV. Archiv für das Studium der neuern Sprachen und Litteraturen 53. Jg. 102. Band (1899), S. 109 - 178
  • Eustache-Hyacinthe Langlois, Essai historique et descriptif sur la peinture sur verre ancienne et moderne, et sur les vitraux les plus remarquable de quelques monuments français et étrangers. Rouen, Edouard Frère, 1832 (Forgotten Books, classic reprint)
  • Benjamin F. Bart & Robert Francis Cook, The Legendary Sources of Flaubert's Saint Julien. University of Toronto Press, Toronto and Buffalo 1977
  • Naomi Morgan, La légende de saint Julien l'hospitalier ou la vision à travers la vitre (2001) https://www.imageandnarrative.be/inarchive/illustrations/naomimorgan.htm

Bildleiste mit einem Plattencover und Programmheften der Oper Saint Julien L'Hospitaler von Camille Erlanger

metrum

Versmaß: alkäische Odenstrophe

Die alkäische Odenstrophe besteht aus vier Versen, die ersten beiden sind Elfsilbler, der dritte ist ein Neunsilbler und der vierte ein Zehnsilbler.

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