Ad honorem tuum Christe

Adam von Sankt Viktor ( 1192)

G-Inmitiale mit dem kindlichen Johannes, der dem Jesusknaben huldigtHier lesen Sie mehr zu dieser Illustration
aus dem Graduale von Katharinental.

 

Lateinisch:

Ad honorem tuum, Christe,
Recolat ecclesia
Præcursoirs et baptistæ
Tui natalitia.

Laus et regis in præconis
Ipsius præconio,
Quem virtutum ditat donis,
Sublimat officio.

Promittente Gabriele
Seniori filium
Hæsitavit et loquelæ
Predidit officium.

Puer nascitur,
Novæ legis, novi regis
Præco, tuba, signifer;
Vox præit verbum,
Paranymphus sponsi sponsum
Solis ortum lucifer.

Verbo mater,
Scripto pater
Nomen indit parvulo,
Et soluta
Lingua muta
Patris est a vinculo.

Est cælesti præsignatus
Iohannes oraculo
Et ab ipso præmonstratus
Uteri latibulo.

Quod ætate præmatura
Datur heres, id figura,
Quod infecunda
Diu parens; res profunda!

Contra carnis quidem iura
Iohannis hæc genitura;
Talem, gratia
Partum format, non natura.

Alvo Deum virgo claudit,
Clauso clausus hic adplaudit
De ventris angustia;
Agnum monstrat in aperto
Vox clamantis in deserto,
Vox verbi prænuntia.

Ardens fide, verbo lucens
Et ad veram lucem ducens
Multa docet milia;
Non lux iste, sed lucerna,
Christus vero lux æterna,
Lux illustrans omnia.

Cilicina tectus veste,
Pellis cinctus strophium
Cum locustis mel silvestre
Sumpsit in edulium.

Attestante sibi Christo
Non surrexit maior isto
Natus de muliere;
Sese tantum hic excepit,
Qui de carne carnem cepit
Sine carnis opere.

Martyr Dei,
Licet rei
Simus ne ideonei tuæ laudi,
Te laudantes
Et sperantes
De tua clementia nos exaudi.

Veneramur
Et miramur
In te tot mysteria;
Per te frui
Christus sui
Det nobis præsentia.

Deutsch:

Christus, deinen Ruhm zu mehren,
Sei das Lob der Christenheit
Heute deines Täufers Ehren,
Deines Herolds Preis geweiht.

In des Herolds Lob enthalten
Ist auch Königs Lob zugleich.
Denn der König heißt ihn walten,
Macht ihn aller Tugend reich.

Da dem Greise niederschwebend
Gabriel den Sohn verspricht,
Zweifelt er und fühlt erbebend,
Daß die Sprache ihm gebricht.

Der Knab', geboren,
Wird zur Kunde neuem Bunde,
Heroldsruf dem neuen Herrn;
Als Stimme klingt er
Vor dem Wort, den Bräutgam bringt er,
Wird der Sonne Morgenstern.

Mutter kennt ihn
Und benennt ihn,
Schreibend stimmt der Vater bei,
Und genesend
Regt sich lösend
Seine Stimme wieder frei.

Denn Johannes war gepriesen
Durch des Himmels klares Los,
War zu höherm Sein gewiesen
Schon im dunkeln Mutterschoß.

Daß noch nicht erfüllt die Zeiten,
Mutters Warten scheints zu deuten;
Nach langer Säumnis
Reift der Erbe: welch Geheimnis!

Wider Fleisches Art und Streben
Trat Johannes so ins Leben;
Nur Gnade war es,
Nicht Natur, die ihms gegeben.

Da die Jungfrau naht gesegnet,
Fühlt er, daß ihm Gott begegnet,
Jubelt auf im Mutterschoß;
Er, der Rufer in der Wüste,
Stimme, die das Wort begrüßte,
Kündet Lamms geweihtes Los.

Glaubens Schürer, Worts Entzünder,
Führt er als des Lichts Verkünder
Tausende zu klarer Sicht;
Nur als Leuchte darf er gelten:
Christus erst erstrahlt den Welten
Als das wahre ewge Licht.

Sein Gewand ist rauhe Haarung,
Fell ist seines Gurts Behang;
Heuschrecken sind seine Nahrung
Wilder Honig ist sein Trank.

Keiner, der vom Weib geboren,
War so hoch wie er erkoren:
Also tat es Christus Kund;
Nur er selbst blieb ausgenommen,
Der als Fleisch vom Fleisch gekommen,
Aber nicht durch Fleisches Bund.

Gottes Künder,
Wir, die Sünder,
Sind nicht wert, dir ziemenden Preis zu bringen;
Doch erhörend,
Mild gewährend,
Hilf uns, wenn vertrauend wir dich umringen.

Staunend stehn wir
Preisend sehn wir
Deines Seins geheimen Plan;
Auf dein Flehen
Mög aus Höhen
Christus einst uns strahlend nahn.

Deutsch von Franz Wellner

fontes

Adam von Sankt Viktor, Sämtliche Sequenzen, Lateinisch-deutsche Ausgabe. Einfüh-rung und formgetreue Übertragung von Franz Wellner, Wien 1937, S. 194 - 199
Adam von St. Viktor, Sämtliche Sequenzen, Lateinisch und Deutsch, eingeführt und übertragen von Franz Wellner, 2. Aufl. München 1955

scholia / marginalia

Sequentia de s. Iohanne Baptista
Sequenz auf den hl. Johannes den Täufer

Gedenktag des Heiligen ist der 24. Juni.

"Johannes der Täufer, der Vorläufer des Herrn, die Stimme des Rufenden in der Wüste (Isaias 40,3; Matth. 3, 3; Marc. I, 2-3), der Geleiter des Bräutigams Christus (Joh. 3, 29), der Morgenstern der neuen Sonne (Job 38, 7), wurde unter wunderbaren Umständen geboren.

Der Erzengel Gabriel verhieß dem greisen Zacharias die Geburt eines Sohnes und beraubte ihn, da er zweifelte, der Sprache (Luc. I, 11-20). Schon im Mutterleib war das Kind vom Hl. Geist erfüllt (Jer. I, 5; Luc. I, 15) und grüßte aufhüpfend den Heiland im Schoße Marias (Luc. 1, 41). Nach der Geburt sollte der Knabe gleich dem Vater Zacharias genannt werden, aber Elisabeth, die Mutter, wählte den Namen Johannes, und da der stumme Zacharias denselben Namen auf ein Schreibtäfelchen schrieb, war er alsbald seiner Sprache wieder mächtig (Luc. 1, 60-64).

Herangewachsen, lebte Johannes in der Wüste, mit rauhen Fellen bekleidet, von Heuschrecken und wildem Honig genährt, predigte Buße und verkündete den nahenden Messias (Matth. 3, 4-11; Marc. 1, 4-8), das wahre ewige Licht der Welt (Joh. 1, 6-9), während er selbst nur zeitliche Leuchte war (Joh. 5, 35). Als dann auch Jesus kam, um sich taufen zu lassen, nannte Johannes ihn das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt (Joh. 1, 29); Jesus aber bezeugte später, daß kein Größerer je von einem Weibe geboren wurde als Johannes der Täufer (Matth. 11, 11)."

Adam von Sankt Viktor, Sämtliche Sequenzen, Lateinisch-deutsche Ausgabe. Einfüh-rung und formgetreue Übertragung von Franz Wellner, Wien 1937, S. 194f.

metrum

Die Verse der Strophe dieser Sequenz entstehen aus dem trochäischen Septenarius; der Septenarius wird nach dem vierten Versfuß bzw. nach der Cäsur aufgeteilt, und aus diesen beiden Halbzeilen wird ein Zeilenpaar gebildet. Zwei solche Zeilenpaare bilden die Strophe. Reimschema: abab

In dieser Sequenz finden sich aber auch mehrere anders gebaute Strophen.

"Zwischen den Strophen 10 (Attestante sibi Christo) uns 11 (Martyr Dei) dieser Sequenz findet sich ursprünglich eine rhythmisch zu 11 symmetrische, für das Fest 'Johannes' Enthauptung' (29. August) bestimmte Strophe eingeschaltet, ebenso zwischen den Strophen 11 (Martyr Dei) und 12 (Veneramur) eine rhythmisch zu 12 symmetrische (siehe Anal. hymn. Bd. 55, Nr. 178). Später wurde für das Fest 'Johannes' Enthauptung" die selbständige Sequenz XLI (Praecursorem summi regis) verwendet und demgemäß in den Quellen c und d die erstere Einschaltung fortgelassen.

Diese Sequenz zeigt im übrigen (nach Fortlasssung der zwei erwähnten eingeschobenen Strophen) eine bei Adam von St. Viktor ungewohnte Abhängikeit von einem älteren Bauschema, nämlich von dem der beiden dem späten Übergangsstil angehörigen Sequenzen 'Congaudentes exsultemus' (siehe Seite 363) und 'Clara chorus dulce plangat' (beide sind in der Quelle a enthalten, wurden also von altersher in St. Viktor gesungen). Auf die Nachahmung dieser Vorbilder sind die Unregelmäßigkeiten der Strophen 4

Reimschema: aab ccb

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