Fulbertus Carnotensis

Bischof von Chartres (* 970 – † 10. 4. 1028)

Fulbert von Chartres muß etwa um die Mitte des zehnten Jahrhunderts geboren sein, aller Wahrscheinlichkeit nach in Italien, vielleicht in Rom. Er entstammte unangesehener und unbegüterter Sippe:

Sed recolens, quod non opibus neque sanguine fretus
Conscendi cathedram, pauper, de sorde levatus,

schreibt er von sich selbst. In der Jugend Kleriker bei einem italienischen Bischofe, kam er später nach Rom, ward vielleicht hier schon ein Schüler Gerberts, dem er dann nach Reims gefolgt sein könnte. Jedenfalls treffen wir ihn als Schüler Gerberts, als Mitschüler und Freund Roberts des Frommen, zwischen den Jahren 984 und 987 in der fränkischen Krönungsstadt. Vielleicht 987, jedenfalls 992 kam er nach Chartres, erhielt hier ein Lehramt, ein Kanonikat und endlich das Kanzleramt, das er urkundlich 1004 bereits innehatte. Im Jahre 1006 durch die Gunst Roberts zum Bischofe ernannt und von Leothéric, Erzbischof von Sens, seinem früheren Mitschüler, konsekriert, entsagte er auch als Bischof dem Lehrfache nicht, entfaltete aber neben demselben eine rege Tätigkeit, wie er sich denn auch an dem kirchlichen so gut wie am politischen Leben der Nation lebhaft beteiligte.

Den 7. September 1020 zerstörte Feuer die Kathedrale von Chartres; Fulbert baute sie von neuem. Das Jahr 1022 ist durch eine Romreise des Bischofs bezeichnet; 1028 am 10. April verschied er, nachdem er 21 Jahre und 6 Monate den bischöflichen Sitz innegehabt, einen der gefeiertsten Namen seines Jahrhunderts, ja des gesamten Mittelalters, der Nachwelt hinterlassend. Vgl. Pfister, De Fulberti Carnotensis vita et operibus, Paris 1895; Clerval, Les écoles de Chartres au moyen âge (Mémoires de la societé archéologique d’Eure et Loire, Tome XL.), Chartres 1895, p. 31 – 40.

Bezüglich der Hymnen Fulberts sind wir im großen und ganzen auf die editio princeps seiner Werke angewiesen. Auch die eingehenden Forschungen Clervals haben hier keine neuen Wege gewiesen. Die erste Ausgabe Fulberts veranstaltete Charles de Villiers: „D. Fulberti, Carnotensis episcopi antiquissimi, opera omnia. Parisiis MDCVIII.“ Villiers konnt aus drei Handschriften schöpfen: die eine, damals im Collège de Navarre befindlich, ist noch vorhanden; es ist der heutige Parisinus 14167. Die Hs. enthält keine Hymnen. Die beiden andern Hss., Denys Petau und Nicolas Lefèvre gehörig, sind verschollen. Anal. Hymn. L, 280 – 289 habe ich aus der Ausgabe de Villiers, diejenigen Stücke zusammengestellt, welche als zur Hymnenliteratur gehörig bezeichnet werden können. Wo mir Handschriften zur Hand waren, habe ich sie verglichen; wo nicht, mußte ich de Villiers folgen.

Nicht unwichtig ist die Pariser HS. 2872, aus der Pfister einige noch unedierte Gedichte Fulberts mitteilen konnte. Sie besteht aus drei Teilen: der erste (fol. 1 – 24), saec. 12., enthält nur Briefe; der zweite (fol. 25 – 28), saec. 11 in., enthält fast nur Gedichte, darunter leider bloß zwei Hymnen; der dritte (fol. 29 – 130). Ein Apographum des angehenden siebzehnten Jahhunderts, enthält Briefe, Predigten und Gedichte. Eine Anzahl vonStücken, die de Villiers als „Hymnen“ oder als „Prosen“ bezeichnet, habe ich Anal. hymn. l.c. übergangen, aus dem guten Grunde, weil sie weder das eine noch das andere sind. Nennt er doch z.B. den Hymnus Chorus novae Jerusalem, fol. 184, ein „Responsorium“. Über ein weiteres liturgisches Opusculum Fulberts, von dem uns Wilhelm von Malmesbury berichtet, vgl. man Anal. hymn. l.c. 281.

Eine Oxforder Hs., Cod. Junius 121, legt fol. 1 in einer im dreizehnten Jahrhundert geschriebenen, die Verfasser verschiedener Sequenzen aufzählenden Notiz Fulbert die Prose Exsultemus in hac die festiva (Anal. VIII. 220) bei. Es heißt in der Hs. an vorletzter Stelle: „Fulbertus, episcopus Carnutensis: Exsultemus in hac die festiva.“ Die Notiz enthält, soweit sie kontrollierbar ist, Wahres und Falsches fast zu gleichen Teilen. Auf welche Seite diese Angabe zu schlagen, bleibt unsicher.

Endlich ist noch auf die zum Teile jedenfalls unechten, zum Teil höchst fraglichen Prosen hinzuweisen, die Fulbert im sog. Cocex Calixtinus zu Compostella zugeschrieben werden. Vgl. über die Quelle Anal. XVII, 5 – 16; die Texte ebenda S. 191, 200 – 207.

(Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 128f.)

 

"Von besonderer Bedeutung und demgemäß auch hochgeschätzt ist die Sammlung der Briefe Fulberts. Es handelt sich bei den 131 auf uns gekommenen Stücken um einen wesentlichen Teil der echten Korrespondenz Fulberts, also weder um Briefabhandlungen, wie man sie seit der Väterzeit häufig antrifft, noch um Schriftstücke, die etwa als Formelbuch eine besondere Bearbeitung erfahren hätten. Sie enthalten mit Ausnahme des ersten, ins Jahr 1004 zu datierenden Stückes Briefe aus den Jahrzehnten des Episkopats, näherhin von 1008 bis in Fulberts letztes Lebensjahr. Unter den Adressaten finden sich Angehörige des hohen Klerus, die wohl am häufigsten auftreten, Personen der verschiedenen Stände; überaus mannigfaltig sind die Gegenstände von denen die Briefe handeln. (...)

Eine weitere Gruppe, unter die übrigen gemischt, bieten die Briefe mehr persönlichen Inahlts: Briefe der Freundschaft zuweilen, oder Briefe, wie sie der Lehrer seinem früheren Schüler Hildegarius senden konnte, worin dann auch von dem Lorbeerbaum im Garten des Bischofs geredet werden mochte, über dessen Gedeihen sich Fulbert so sehr freute. (...)

Einige unter den Briefen zeigen, welch hohen Ansehens sich Fulbert weithin als Kenner der Heilkunst erfreute. (...)

In literarischer Hinsicht wird man den höchsten Rang unter dem, was Fulbert geschrieben hat, seinen Gedichten zuzusprechen haben."

Franz Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Zweiter Band. Die Zwischenzeit vom Ausgang des karolingischen Zeitalters bis zur Mitte des elften Jahrhunderts. München 1992, S. 242 - 245

Literatur

 

Fulbert von Chartres - Lexikon für Theologie und Kirche. Begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper u.a ., Freiburg i.Br., Basel, Rom, Wien. Bd. 4. Franca bis Hermenegild. - 3., völlig neu bearb. Aufl. 1995, Sp. 217f.

Fulbert von Chartres - Franz Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Zweiter Band. Die Zwischenzeit vom Ausgang des karolingischen Zeitalters bis zur Mitte des elften Jahrhunderts. München 1992, S. 238 - 253

Fulbert von Chartres - Max Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Zweiter Teil. Von der Mitte des zehnten Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Kampfes zwischen Kirche und Staat. (Handbuch der Altertumswissenschaft, 9. Band, zweite Abteilung, 2. Teil). München 1923, S. 682 - 694

Kontakt/ImpressumDatenschutz