Bernhard von Morlas

Mönch von Cluny (um 1140)

Bernhards von Morlas (Bernardus Morlanensis) Heimat dürfte, da er ausdrücklich als „Francigena" bezeichnet wird, nicht zu Morlaix in der Bretagne, sondern in Morlas (oder Morlac, heute Morlaas), der alten Hauptstadt von Béarn, zu suchen sein. Über die Zeit seiner Geburt wie über seine Lebensschicksale sind wir ohne jede Nachricht. Wir erfahren nur, daß er unter Peter dem Ehrwürdigen, dem er sein Carmen de contemptu mundi widmet, Mönch in Cluny war. Die Verfasser der Histoire Litéraire unterscheiden ihn ausdrücklich von Bernhrd von Cluny, der unter Abt Hugo die Consuetudines Cluniacenses aufzeichnete, sowie von einem anderen Cluniacenser gleichen Namens, Bernhard dem Dicken, Großprior von Cluny, dem Peter der Ehrwürdige ein Epitaphium dichtete (Migne PP. LL. 189, 40), während Braumiller (Wetzer und Welte, 2. Aufl. II, 435 u.f.) die Identität mit letzterem Bernhard für sicher, mit ersterem für wahrscheinlich hält. Vgl. Histoire Litéraire XII, 236 sqq.

Unter den poetischen Werken Bernhards von Morlas ragen zwei besonders hervor, sein Gedicht De contemptu mundi und das sog. Mariale. Ersteres, ein umfangreiches Lehrgedicht in einer Spielart des leoninischen Hexameter geschrieben, ist schon frühzeitig durch den Druck vervielfältigt, zuerst 1482 in Paris „in magna domo Campi Gaillardi", gekürzt ebendaselbst „apud Guidonem Mercatorem" (Liron, Singularités historiques III, 484). Flacius Illyricus nahm es in seine „Varia doctorum piorumque virorum de corrupto ecclesiae statu poemata", Basel 1556, auf, Nathan Chyträus und Elhard Lubin veranstalteten eigene Ausgaben, Bremen 1597, Rostock 1610 (vgl. Leyser 413).

Das Mariale wurde zuest von Hommey in seinem Supplementum patrum (Paris 1684), 163 – 180 herausgegeben, der sich in einer eigenen Dissertatio bemühte, die Autorschaft des hl. Bernhard von Clairvaux nachzuweisen, indem er zahlreiche parallele Stellen aus Bernhards Prosa beibrachte. Neuerdings hat Ragey denselben Weg beschritten, indem er gleiches mit Stellen aus den Werken Anselms von Canterbury versucht, den er für den Dichter des Mariale erklärte (Sancti Anselmi, Cantuariensis archiepiscopi, Mariale seu liber precum metricarum. Londini [1884]). Auch von dem Versuche Rageys gilt mutatis mutandis das Urteil, welches die Verfasser der Histoire Litéraire über den Hommeys aussprechen, wenn sie von dem Mariale sagen: „écrit, que le P. Hommey s'efforce en vain de revendiquer à l'abbé de Clairvaux" (l.c. p. 241). Anselm wird durch die Verskunst des Mariale ausgeschlossen, welche von der seinen verschieden, mit der von Bernhards von Morlas dagegen auffallend verwandt ist. Das entscheidendste Argument Rageys, nicht um Anselms Verfasserschaft zu begründen, wohl aber um die der beiden Bernharde auszuschließen, beruht auf Täuschung. Er behauptet nämlich Cod. Londinen. 21927, der Bruchstücke des Mariale enthält, gehöre dem 11. Jahrhundert an, sei somit älter als Bernhard von Morlas. Diese Behauptung ruht auf einer irrigen Schätzung des Alters jener Handschrift (vgl. Anal. hymn. L, 424). Schon Hauréau hatte instinktiv an der Richtigkeit der Behauptung Rageys gezweifel (vgl. Des Poèmes Latins attribués à Saint Bernard p. 87). Er faßt sein Urteil über die Ansprüche der beiden Kirchenlehrer an das Mariale später dahin zusammen: „Le poème Ut iucundus cervus undas ... n'est certes pas plus de Saint Anselme que de Saint Bernard à qui d'autres copistes l'ont anttribué" (Notices et extraits V, 51).

Trotz der verschiedenen Ausgaben des Mariale bezüglich derer ich auf Hauréau an ersterem Orte S. 82 verweise, auch trotz der Rageys von 1884, ist die Anal. hymn. L, 424 – 482 die erste mit kritischem Apparat. Bezüglich der Quellen siehe ebenda S. 424, bezüglich der handschriftlichen Autorenangaben S. 482. Findet man den zweiten Hymnus des Mariale: Omni die dic Mariae auch heute noch da und dort dem hl. Casimir von Polen zugeschrieben, so beweist dies nur, daß eine Legende um so länger spukt und um so zäher festgehalten wird, je widersinniger sie ist.

(Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 217f.)

Literatur

Bernhard v. Morlas. - Lexikon für Theologie und Kirche. Begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper u.a., Freiburg i.Br., Basel, Rom, Wien. Bd. 2. Barclay bis Damodos. - 3., völlig neu bearb. Aufl. 1994, Sp. 274

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