Theodulphus

Bischof von Orléans (* um 760 – † 821)

Theodulph, gotischen Stammes, aus Septimanien oder Spanien stammend, zum höfischen Gelehrtenkreise Karls d.Gr. zählend, spätestens seit 788 Bischof von Orléans, Abt von Fleury-sur-Loire und Saint-Aignan, besaß nicht nur selbst hervorragende literarische Bildung, sondern bewährte sich auch als eifriger Förderer bildender und graphischer Künste, wovon die Kirche von Germiny, die er bauen und ausmalen, sowie die Bibelhandschriften Zeugnis geben, die er schreiben und mit Miniaturen schmücken ließ. Im Jahre 798 vom Kaiser zum „Missus dominicus“ ernannt, begleitete er Karl nach Rom, um mit ihm in der Streitsache des Papstes Leo und seiner Gegner zu entscheiden. Auch bei Karls Sohn und Nachfolger, Ludwig dem Frommen, stand Theodulph anfänglich in der gleichen Gunst; 818 aber wurde er der Teilnahme an der Schilderhebung Bernhards, Königs von Italien, bezichtigt, sämtlicher Würden entsetzt und in ein Kloster inhaftiert, wahrscheinlich zu Angers, woselbst er 821 als Gefangener verschieden sein soll. Andere verlegen den Ort seines Exils nach Le Mans, wieder andere lassen ihn, vom Kaiser rehablilitiert, auf de Rückreise nach Orléans verscheiden. Vgl. Rzehulka, Theodulf, Bischof von Orléans, Breslau 1875; Dümmler, Neues Archiv IV, 241 u.f.

Blick auf den Chor der KircheUnter den zahlreichen Gedichten Theodulphs befinden sich nur sehr wenige, die der hymnischen Dichtung einzureihen wären. Sie sind nach der Ausgabe Dümmlers (Poetae Aevi Carolini I, 437ff.) Anal. hymn. L, 160 – 166 zusammengestellt. Aus denselben teile ich im folgenden einen Hymnus „In Adventus Regis“ mit, eine Art von Hymnen, die den karlolinigschen Dichtern sehr geläufig ist und nicht selten sich unverkennbar mit der byzantinischen Auffassung von der Stellung des Kaiseers in und zur Kirche berühren, sowie den unsterblich gewordenen Hymnus zur Prozession am Palmsonntage, der noch heute in kirchlichem Gebrauche befindlich ist. Die Legende, die sich an diese Hymne geknüpft hat, und die uns Hugo von Fleury berichtet (Monum. Germ. SS. IX, 363sq.), Theodulph habe, als die Prozession, an welcher der Kaiser teilnahm, unter den Fenstergittern seines Kerkers vorbeizog, diesen Hymnus improvisiert und angestimmt, worauf der Kaiser ihn gerührt wieder in Gnaden aufgenommen, diese Legende, sage ich, ist als ungeschichtlich fallen gelassen Ich gebe von dem Hymnus nur die erste Hälfte wieder, die in liturgischen Gebrauch gekommen ist. Die zweite, die sich auf Angers und die verschiedenen Kirchen dieser Stadt bezieht, ist in ihrer Echtheit angefochten worden, zunächst aus Gründen lokalhistorischer Art. Vgl. darüber Anal. hymn. 1. c. 163. Abgesehen davon hat jeder den Eindruck, als ob das Lied mit den Versen 37 sq. oder schon 35 sq. dem Gedanken nach abschließe.

(Guido Maria Dreves, Clemens Blume, Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnendichtung. Erster Teil, S. 69f.)

 

Literatur

Theodulf, Bischof von Orléans. - Lexikon für Theologie und Kirche. Begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper u.a., Freiburg i.Br., Basel, Rom, Wien. Bd. 9. San bis Thomas. - 3., völlig neu bearb. Aufl. 2000, Sp. 1426f.

Theodulf von Orléans. - Max Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Erster Band. Von Justinian bis zur Mitte des zehnten Jahrhunderts. München 1965 (unveränderter Nachdruck der 1911 erschienenen ersten Auflage), S. 536 - 543

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